„Wir haben Antworten auf die brennenden Fragen“

Gut besuchter Parteitag der St.Galler FDP in Wil

Das Erfolgsmodell Schweiz wird in den kommenden Monaten gleich mehrfach auf die Probe gestellt, mahnte Parteipräsident Philipp Müller am Freitag im Rahmen des Parteitags der St.Galler Freisinnigen in Wil. Gefahr drohe insbesondere durch überzogene Initiativen von links und rechts, was nach klaren liberalen Antworten verlange. „Wir haben die passenden Rezepte zur Hand“, so Müller kämpferisch.

Wil, 15.06.2013 | Umverteilungsvorschläge und die Zuwanderung dominieren in naher Zukunft die eidgenössische Abstimmungsagenda. Philipp Müller, Präsident der FDP Schweiz und Hauptredner am diesjährigen Parteitag der St.Galler FDP, rückte die daraus resultierenden Gefahren für das Erfolgsmodell Schweiz ins Zentrum seiner Ansprache. So stelle die anstehende Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien eine Schicksalsfrage für die Zukunft der bilateralen Verträge dar. Gleiches gelte in Bezug auf die Masseneinwanderungsinitiative sowie die Ecopop-Initiative, welche verlangt, dass die Wohnbevölkerung in der Schweiz im dreijährigen Durchschnitt durch Zuwanderung um höchstens 0,2 Prozent wachsen darf. Sollte eine dieser drei Abstimmungen angenommen werde, dann habe die Schweiz ein gröberes Problem mit der EU.

FDP hat Lösungen erarbeitet

Es sei falsch, das Unbehagen der Bevölkerung vor der ungebremsten Zuwanderung der letzten Jahre zu ignorieren, sagte Müller seinen über 120 Zuhörern in Wil. „Gleichzeitig müssen wir die Herausforderungen mit dem Florett und nicht mit dem Zweihänder bewältigen, wie dies andere Parteien wollen.“ Das Anfang Mai in Baden verabschiedete Migrationspapier der FDP wird dem eigenen liberalen Anspruch gerecht. Im Rahmen der Personenfreizügigkeit fordert die FDP unter anderem, dass Fünfjahres- Bewilligungen nur nach eingehender Prüfung des Arbeitsverhältnisses erteilt und nicht automatisch in Niederlassungsbewilligungen umgewandelt werden sollen. Und im Bereich des übrigen Ausländerrechts sollen vorläufig Aufgenommene nicht automatisch ihre Familien in die Schweiz holen dürfen. „Die FDP hat die brennenden Probleme in Bezug auf die Zuwanderung erkannt. Und sie hat die passenden Antworten darauf“, so Müller.

Alte Klischees haben ausgedient

Scharf ging der Aargauer Nationalrat auch mit den linken Konzepten „aus der sozialistischen Mottenkiste“ ins Gericht: „Ideologisch verbrämte Phantasien wie die Mindestlohn-, die 1:12- und die Erbschaftsteuerinitiative, die schon in anderen Ländern grandios gescheitert sind bzw, nicht einmal in Erwägung gezogen werden, sollen nach dem Willen der Linken in der Schweiz durchexerziert werden.“ Die überrissenen Gehälter einiger weniger Manager hätten das soziale Klima vergiftet und dazu geführt, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber solchen Ideen zugenommen hat. Wut sei indes ein schlechter Ratgeber, mit Rücksicht auf den Werkplatz Schweiz sei es an der FDP und ihrer Exponenten, konsequente Aufklärungsarbeit zu leisten. „Es ist im Interesse einer  liberalen Politik unsere Pflicht, zu diesen Initiativen Nein zu sagen. Dies ist weit höher zu gewichten als kurzfristige Sympathiegewinne“, sagte Müller. Das brüchig gewordene Vertrauensverhältnis zwischen Gesellschaft, Politik und Wirtschaft müsse durch verlässliche Arbeit wieder hergestellt werden. Die FDP beherzigt diese Forderung. So trifft das von den politischen Gegnern mit viel Eifer gehegte Klischee, wonach die FDP die Partei der Grossbanken sei, schon lange nicht mehr zu – die Haltung der FDP im Zusammenhang mit der „Lex USA“ sei der beste Beleg dafür.

„Lex USA“: Gründe für das Nein

Ständerätin Karin Keller-Sutter legte den Anwesenden die Haltung der FDP zur sogenannten „Lex USA“ zur Beendigung des Steuerstreits mit den Vereinigten Staaten dar. Nach intensiven Diskussionen in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) ist Keller-Sutter überzeugt, dass das Ziel der Rechtssicherheit und Stabilität für die betroffenen Banken mit dem vorliegenden Vorschlag nicht zu erreichen ist. „Der Druck, der diese Woche von Branchenvertretern auf uns ausgeübt worden ist, war enorm. Es wäre einfacher gewesen, ja zu sagen statt nein.“ Die „Lex USA“ sei rechtsstaatlich bedenklich, findet die FDP-Ständeratin: „Die Schweizer Banken müssten den USA die Daten von Mitarbeitern sowie jene von Dritten ausliefern. Vom Bundesparlament wird damit verlangt, dass die in der Schweiz geltende Rechtsordnung während eines Jahres ausser Kraft gesetzt wird – und diese ohne Referendumsmöglichkeit. Wenn das Schule macht, setzt sich das Schweizer Parlament direkt dem Druck der US-Justizbehörden aus und kommt nicht umhin, auch in anderen Fällen nachzugeben. Zudem könnten auch andere Staaten auf den Geschmack kommen.“ Der Preis für die „Lex USA“ sei sehr hoch, zumal die Parlamentarier nicht wüssten, was das Programm konkret beinhaltet. „Das Parlament durfte das Programm nicht sehen, geschweige denn ändern oder anpassen.“ Vor diesem Hintergrund liege es am Bundesrat, die Angelegenheit zu regeln. „Schliesslich hat er den Deal mit den USA ausgehandelt. Er kennt die Details und kann sie beurteilen.“

KMU-Preis 2013 an „ShoeSize.Me“ aus St.Gallen

Bereits zum vierten Mal konnte die St.Galler FDP dieses Jahr ihren KMU-Preis ausrichten. Der Anerkennungspreis unter dem Patronat der FDP Schweiz wird alle zwei Jahre ausgeschrieben, wobei sich die inhaltlichen Kriterien jedes Mal unterscheiden. 2013 richtete sich der Wettbewerb an Start-Up-Unternehmungen, die sich durch besonders innovative Ideen auszeichnen. Im Rahmen des Parteitags wurde der Sieger gekürt: Es handelt sich um die im November 2012 in St.Gallen gegründete „ShoeSize.Me“ GmbH. Der Name der jungen Firma ist Programm, entwickelt das Start-Up doch einen einfachen und schnellen Online-Service zum virtuellen Anprobieren von Schuhen. Im „Zalando-Zeitalter“ trifft die Shoe.Size.Me GmbH mit ihrer Dienstleistung den Nerv der Zeit; indem sie das Problem der hohen Retouren-Quoten im Online-Handel aktiv angeht. Auf die Profitabilität von Online-Handelsunternehmen dürfte das Angebot von Shoe.Size.Me einen signifikanten Einfluss haben. 

Marc Mächler wiedergewählt; Markus Blarer verstärkt Parteileitung

Im Rahmen des statutarischen Teils der Versammlung wurde Parteipräsident Marc Mächler mit Applaus für eine dritte Amtszeit bestätigt. Auch die wieder kandidierenden Mitglieder des Parteileitungsausschusses – Imelda Stadler (Vizepräsidentin, Lütisburg), Ruedi Kobelt (Marbach) und Sven Bradke (Rorschacherberg) – wurden einstimmig wiedergewählt. Neu verstärkt Markus Blarer (Schmerikon) die Leitung der Kantonalpartei. Nach acht Jahren Vorstandstätigkeit legt Vizepräsident Roger Dornier (St.Gallen) seine Funktion in neue Hände. Er selbst wird sich nun auf sein Amt als Fraktionspräsident der FDP im St.Galler Stadtparlament fokussieren.