Deutliche Abfuhr für beide Steuervorlagen

Kantonale Mitgliederversammlung der FDP in Grabs

Im Rahmen ihrer Mitgliederversammlung in Grabs haben die St.Galler Freisinnigen die Parolen für die Abstimmungen vom 14. Juni gefasst. Mit ihrem Nein zur nationalen Erbschaftssteuer und zur kantonalen „Steuergerechtigkeitsinitiative“ der SP legten die Anwesenden ein starkes Bekenntnis zu Gunsten der Familienbetriebe und des Schutzes von Privateigentum ab. Zur Revision des Radio- und Fernsehgesetzes resultierte ebenfalls ein Nein. Bereits im Vorfeld der Versammlung hatte die Parteileitung die Nein-Parole zur Stipendieninitiative verabschiedet und Ja zur Präimplantationsdiagnostik gesagt.

Grabs, 07.05.2015 | Der Versammlungsort der Mitgliederversammlung, das Lukashaus in Grabs, war mit Bedacht gewählt. Die Institution, die sich für Menschen mit einer Behinderung einsetzt, steht seit Jahrzehnten für den Dienst am Gemeinwohl respektive für den Gemeinsinn. Werte, die auch die St.Galler FDP im Rahmen ihres 2013 lancierten Mottos «Freisinn – Gemeinsinn!» wieder verstärkt in den Vordergrund rückt. „Beim Gemeinsinn als Gegenmodell zur staatlichen Rundumversorgung ergeben sich konkrete Anknüpfungspunkte an die traditionelle politische Forderung des Freisinns nach verstärkter Eigenverantwortung jedes Einzelnen“, sagte Kantonsratspräsident Paul Schlegel, Präsident des Vereins Lukashaus, in seiner Grussadresse.

Chance packen

Parteipräsident Marc Mächler ging in seiner Begrüssungsrede auf die jüngsten FDP-Wahlerfolge in mehreren Kantonen ein. Der Umstand, dass die FDP insbesondere in Zürich von allen anderen Parteien das Vertrauen von zahlreichen Wählern habe zurückgewinnen können, stelle den Verantwortlichen vor Ort ein sehr gutes Zeugnis aus. Die klare Positionierung der FDP als liberaler Pol im Parteienspektrum und das nicht minder klare Bekenntnis zu den grundlegenden Werten unseres Erfolgsmodells Schweiz beginnen nun Früchte zu tragen, so Mächler. Nun gelte es, die positive Stimmung innerhalb der Partei im Herbst in einen weiteren Erfolg umzumünzen. „Das wird kein Selbstläufer“, mahnte der Präsident die Zuhörer. „Die jüngsten Siege sind das Ergebnis harter Arbeit im Wahlkampf. Wenn wir unseren Teil zum freisinnigen Erfolg beitragen wollen, sind nebst den Kandidierenden sämtliche Parteimitglieder gefordert. Der Gewinn eines zweiten Nationalratsmandats erfordert den Einsatz von uns allen!“

Chancenlose Erbschaftssteuer…

Im Vorfeld der Parolenfassung zur Erbschaftssteuer-Initiative kreuzten mit Arber Bullakaj (Vizepräsident SP Kantons St.Gallen, Wil) und Ständerätin Karin-Keller-Sutter (FDP, Wil) unter der Leitung von FDP-Vizepräsident Sven Bradke (Rorschacherberg) zwei profilierte Vertreter beider Lager die Klingen. Bullakaj führte zu Gunsten der Initianten aus, dass Erbschaften ohne eigene Leistung erfolgen würden. „Dass diese besteuert werden ist fair und sorgt für eine gerechtere Vermögensverteilung.“ Die Initiative führe zudem keine neue Steuer ein, sondern sei eine Reform, die die intransparenten kantonalen Besteuerungen abschaffe. Die AHV profitiere durch die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer von jährlichen Zusatzeinnahmen von rund 2 Mia. Franken.

Ständerätin Karin Keller-Sutter konterte diese Argumentation postwendend: Die Initiative schaffe die Steuerhoheit der Kantone ab und sei ein Angriff auf das Föderalismusprinzip der Schweiz. Zudem müssten die Kantone mit Mindereinnahmen rechnen, was weitere Steuererhöhungen zur Folge hätte. Für Familienunternehmen hätte die nationale Erbschaftssteuer schwere Konsequenzen, so Keller-Sutter: „Kleine und mittlere Unternehmen gehen oft innerhalb der Familie an die nächste Generation über. Für viele dieser Familien würde es sehr schwierig werden die Erbschaftssteuer zu bezahlen, da vielerorts das ganze Vermögen im Betrieb oder in Immobilien investiert ist. Als Konsequenz einer solchen Besteuerung könnten viele Familien dazu gezwungen sein, ihren Betrieb aufzugeben. Die von den Initianten gemachten schwammigen Versprechen für die KMU überzeugen nicht.“

Die FDP-Mitglieder folgten der Argumentation ihrer Ständerätin und lehnten die Initiative einstimmig (80 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung) ab.

…chancenlose SP-Initiative

In einem von Kantonsrat Jens Jäger (FDP, Vilters) moderierten, lebhaft geführten Streitgespräch erörterten SP-Kantonsrat Etrit Hasler und FDP-Kantonsrat Walter Locher (beide St.Gallen) die Vor- und Nachteile der Initiative «Zukunft dank gerechter Vermögenssteuern». Hasler zeigte sich davon überzeugt, dass die Initiative einen Beitrag zu mehr Steuergerechtigkeit im Kanton leistet. Wer mehr verdiene, der solle aufgrund einer progressiven Steuer auch mehr Steuern bezahlen. „In den vergangenen Jahren wurden die Steuern vor allem für St.Gallerinnen und St.Galler mit hohem Einkommen und Vermögen sowie Unternehmen gesenkt. Die fehlenden Einnahmen führten über zahlreiche Sparpakete zum Abbau bei der Bildung, im Sozial- und Gesundheitswesen, bei der Kultur, beim Umweltschutz, bei der Förderung erneuerbarer Energien und beim Staatspersonal. Die Abwärtsspirale muss gestoppt werden.“

Locher seinerseits erinnerte daran, dass der Kanton St.Gallen hohe Vermögen im Vergleich zu seinen Nachbarn bereits heute aussergewöhnlich hoch besteuert. „Eine weitere Erhöhung führt dies zwangsläufig zum Wegzug von weiteren guten Steuerzahlern. Die Ausfälle müsste der Mittelstand tragen.“ Zudem mache die Initiative sämtliche Anstrengungen des Kantons, sich in Bezug auf die Steuerbelastung ins Mittelfeld vorzuarbeiten, zunichte. „Dass wir uns nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses ideologische Experimente leisten und die Wettbewerbsposition des Kantons selber schwächen, ist fahrlässig. Ich sehe nicht ein, was daran gerecht sein soll.“

Die Worte Lochers verfehlten ihre Wirkung bei den Zuhörern nicht. Sie fassten nach kurzer Diskussion einstimmig die Neinparole (78 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung).

Nein zur RTVG-Revision

Fabienne Bünzli, Vizepräsidentin der Jungfreisinnigen Kanton St.Gallen, stellte die Argumente beider Lager zur Revision des Radio- und Fernsehgesetzes vor, gegen die der Schweizerische Gewerbeverband das Referendum ergriffen hatte. Die Revision zielt darauf ab, die heute geltende Gebühr (Billag) durch eine allgemeine Abgabe (Steuer) zu ersetzen. Die unbestrittene Tatsache, dass die Bemessungsgrundlage des heutigen Bezahlsystems von der technologischen Entwicklung längst überholt worden ist, rechtfertigt es nicht, ein ordnungspolitisch fragwürdiges Gesetz zu erlassen. Stossend sei insbesondere Tatsache, dass die Gebühr pauschal und konsumunabhängig erhoben werden soll, sowie dass Unternehmen mit einem Umsatz von über 0,5 Mio. zur Kasse gebeten würden, womit einzelne Personengruppen doppelt zahlen müssten. „Anstatt sich in einem ersten Schritt Gedanken über die Art und den Umfang eines Service Public Gedanken zu machen, werden mit der RTVG-Revision zunächst die Finanztöpfe der SRG abgesichert. Das ist unseriös“, sagte Nationalrat Walter Müller (Azmoos) in der anschliessenden Diskussion. Die Anwesenden fassten schliesslich mit 72 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen die Nein-Parole.

Ja zur Präimplantationsdiagnostik, Nein zur Stipendieninitiative

Bereits im Vorfeld der Mitgliederversammlung hatte die Parteileitung der FDP im Sinne einer ausgewogenen und fortschrittlichen Fortpflanzungsmedizin einstimmig die Ja-Parole zum Präimplantationsgesetz gefasst. Mit einer Gegenstimme erteilte die Parteileitung der Stipendieninitiative eine klare Absage.