Die FDP sagt NEIN zum Verhüllungsverbot

Medienmitteilung der Kantonalpartei

Erste digitale Mitgliederversammlung war ein voller Erfolg

Die erste digitale Mitgliederversammlung der FDP des Kantons St.Gallen war erfolgreich. Die Partei blickte auf ein anspruchsvolles Jahr zurück und fasste die Parolen zu den eidgenössischen Abstimmungen im März. Die Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» war unter den Freisinnigen nicht unumstritten – schliesslich wurde mit zwei Drittel der Stimmen die NEIN-Parole gefasst. Sowohl das E-ID-Gesetz als auch das Freihandelsabkommen mit Indonesien wurden von der Basis fast einstimmig gutgeheissen.

Am vergangenen Donnerstag schalteten sich rund 130 Mitglieder der FDP des Kantons St.Gallen zur ersten digitalen Mitgliederversammlung auf «Zoom» zu. Spannende Referate zu den eidgenössischen Abstimmungsvorlagen im März mit anschliessender Parolenfassung standen im Zentrum des Abends. Der Rückblick auf ein holpriges 2020 sowie ein Ausblick auf die Herausforderungen des neuen Jahres durften ebenfalls nicht fehlen.

Die FDP als Leuchtturm im Coronasturm

Kantonsrat und Kantonalpräsident Raphael Frei begrüsste am Donnerstag, 14. Januar 2021, die rund 130 Freisinnigen zur ersten digitalen Mitgliederversammlung. In seiner Rede blickte er auf das vergangene Jahr zurück, das besondere Herausforderungen für alle bereithielt. Weiter machte er auf die wirtschaftlich angespannte Lage aufmerksam. Die immense staatliche Umverteilungswelle im Zusammenhang mit der Corona-Krise führe dazu, dass auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene laufend mehr Schulden angehäuft werden. Die defizitären Kantonsfinanzen des Kantons St.Gallen gäben dabei ein besorgniserregendes Bild ab. «Umso wichtiger ist es, dass die FDP in dieser Krise eine wegweisende Rolle einnimmt», betonte Frei. Ziel sei es, unter dem Leitgedanken «Privat vor Staat, Erwirtschaften vor Verteilen und Freiheit vor Gleichheit» die Errungenschaften des liberalen Staates zu erhalten. Eine Eindämmung des Vollkaskostaates sei daher zwingend notwendig. Im Lichte eines stark belasteten Staatshaushaltes bedürfe es pragmatischer Lösungen, die auf das Potential der Menschen, auf Eigenverantwortung und die Kraft des freien Marktes setzten. In diesem Sinne müssten Wege gefunden werden, welche die Bevölkerung schützten und wo nötig, unterstützten. Die Massnahmen sollten zudem eine Überbelastung der Spitäler verhindern und gleichzeitig wirtschaftlich vertretbar sein.

Keine Digitalisierung ohne elektronischen Identitätsnachweis

Drei eidgenössischen Abstimmungsvorlagen kommen am 7. März 2021 an die Urne, so auch das E-ID-Gesetz. Nationalrat Andri Silberschmidt (FDP ZH) ist Befürworter des E-ID-Gesetzes und stellte die Vorlage dem Publikum vor. Mit einer E-ID sollen Personen ihre Identität im Internet staatlich verifizieren lassen können. Das Gesetz legt klare Regeln für eine sichere Online-Identifizierung fest und bekämpft den Identitätsdiebstahl und Datenmissbrauch. Gleichzeitig werden dadurch erhöhte Rechtssicherheit und Verbindlichkeit im digitalen Raum gewährleistet. Auf diese Weise wäre es fortan möglich, dass staatliche Formulare und Dienstleistungen online zur Verfügung gestellt werden. «Dies ist ein bedeutsamer Schritt im Rahmen der Schweizer Digitalisierungsstrategie», davon ist Silberschmidt überzeugt. Das grosse Potential der Vorlage wurde von den Freisinnigen erkannt, was sich in der Abstimmung zur Parolenfassung widerspiegelte: Mit 111 Ja- Stimmen zu 4 Nein-Stimmen bei 2 Enthaltungen sprach sich die Basis klar für eine Annahme des E-ID-Gesetzes aus.

NEIN zur Symbolpolitik

Das Verhüllungsverbot sorgte als umstrittenste Vorlage des Abends wohl für die ausgeprägteste Debatte. Im Rahmen des Pro-Referats von Nationalrat Marcel Dobler und des Contra-Referats von Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher wurden sowohl die Argumente der Befürworterinnen und Befürworter als auch der Gegnerinnen und Gegner der Initiative dargelegt. Gegen die Vorlage spricht zum einen, dass die Verhüllung von Frauen durch Burkas und Nikabs in der Schweiz eine Randerscheinung darstellt. Mit einem nationalen Verhüllungsverbot würde zum anderen unnötigerweise in die Hoheit der Kantone eingegriffen. Es bleibt ausserdem fragwürdig, ob Kleidervorschriften in die Verfassung eines liberalen Staates gehören. «Die Gleichstellung der Frau wird durch den indirekten Gegenvorschlag effektiv gefördert, während ein Verhüllungsverbot gar dazu führen kann, dass betroffene Frauen in die Isolation gedrängt werden und sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen können», gibt Vincenz-Stauffacher zu Bedenken.

«Jeder Fall ist einer zu viel»

Auf der Pro-Seite steht Dobler, der sich unter anderem aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen als ehemaliger Inhaber und CEO eines Elektronikanbieters für die Initiative einsetzt. So erlebte er hautnah mit, dass Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in gewissen Kulturen noch nicht existiere. «Die Reduktion der Burka auf ein Kleidungsstück ist eine krasse Verniedlichung der Unterdrückung der Frau und somit alles andere als liberal», führt Dobler aus. «Jeder Fall, in dem eine Frau dazu gezwungen wird, ihr Gesicht zu verhüllen, ist einer zu viel». Das Argument der Randerscheinung kann er daher nicht nachvollziehen. Ausserdem mache eine schweizweite Vereinheitlichung des Vermummungsverbots auch im Interesse der Sicherheit und im Kampf gegen Krawalltourismus Sinn. Letztlich war die Entscheidung dennoch deutlich: Mit 86 Nein zu 32 Ja bei 3 Enthaltungen stimmte die Partei gegen das Verhüllungsverbot.

Freihandelsabkommen mit Indonesien ohne Gegner

«Mit einem jährlichen Bruttoinlandprodukt von einer Billion USD hat sich Indonesien mittlerweile zu einem bedeutenden Akteur der globalen Wirtschaft entwickelt» erklärte Dr. Stefan Brupbacher, Direktor von Swissmem, der die Vorlage den Freisinnigen vorstellte. Damit präsentiert sich Indonesien auch für die Schweiz als attraktiven Handelspartner. Durch das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien werden die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen verbessert, die Zusammenarbeit der Behörden gefördert und die Rechtssicherheit erhöht. Alle wichtigen Schweizer Exportbranchen sollen profitieren – die Zollkonzessionen wurden entsprechend ausgestaltet. Im Rahmen der von Seiten der Schweiz gewährten Zugeständnisse gegenüber Indonesien im Agrarsektor kann gar von einer Premiere gesprochen werden: Erstmals werden Konzessionen für Palmöl mit Nachhaltigkeitskriterien verknüpft. Die Vorlage überzeugt die FDP und die Parolenfassung fällt in dieser Frage fast einstimmig aus: 105 Ja-Stimmen zu 1 Nein-Stimme bei 3 Enthaltungen.

«St.Gallen ist alles andere als ein Trödelkanton»

Als Abschluss des Abends blickte Vizepräsident Dr. Sven Bradke im Podium mit den beiden St.Galler Regierungsräten Marc Mächler und Beat Tinner auf ein anspruchsvolles Jahr zurück. Die St.Galler Regierung wurde in den letzten Monaten vermehrt für ihr angeblich gemächliches Vorgehen in Bezug auf die Bewältigung der Coronakrise kritisiert, nicht zuletzt von der FDP. Mächler wies diese Kritik jedoch entschieden zurück: «St.Gallen ist alles andere als ein Trödelkanton – die Massnahmen sind immer unter dem Gesichtspunkt der Aufrechterhaltung des Gesundheitssystems getroffen worden.» Diese Aufgabe habe man, unter Einbezug wirtschaftlicher Interessen, stets nach bestem Wissen und Gewissen erfüllt. Ähnlich sah dies Tinner und lobte die gute Zusammenarbeit zwischen Finanz- und Volkswirtschaftsdepartement. Verbesserungspotential bestünde jedoch in Bezug auf den kantonalen Führungsstab. «Die Vorbereitungen und Erfahrungswerte für eine solche Krise haben schlichtweg gefehlt», gab Tinner zu Bedenken. Die Grundsatzfrage, wie man in einem föderalen System Krisenmanagement betreibe, werde uns wohl weiter begleiten. Bradke fasste schliesslich zusammen: «Regieren in Coronazeiten ist und bleibt eine Herausforderung. Mit Blick auf die Impfung hofft die FDP auf eine baldige Entschärfung der Pandemielage. Dies würde sodann auch das Anstossen neuer Projekte wieder möglich machen, unter anderem im Bereich Digitalisierung, Grenzüberschreitender Verkehr und Biodiversität.»